Historisch Kritische Kommentierung des Ernst-Thälmann-Denkmals
Der Thälmann-Mythos in der DDR
Die DDR erhob Ernst Thälmann zu ihrem ersten deutschen Helden. Die Staatsführung instrumentalisierte und idealisierte Thälmann zu einer Kultfigur. Sie stilisierte ihn zum mutigen Kämpfer gegen den Faschismus, zu einem dem Volk verbundenen Arbeiterführer sowie zum Märtyrer und Opfer des Nationalsozialismus. Ihm wurde eine führende und überragende Rolle in der deutschen Geschichte zugewiesen. Die DDR nutzte den Thälmann-Kult zur eigenen Legitimierung: Thälmanns Widerstand gegen das Naziregime wurde als Kampf der Arbeiterklasse für ihre Befreiung ausgelegt, aus dem die DDR hervorging.
Von Anbeginn der DDR war Thälmann das Vorbild sozialistischer Erziehung. Die 1948 gegründete staatliche Massenorganisation für Kinder wurde 1952 in „Pionierorganisation Ernst Thälmann“ umbenannt. Sie diente in der DDR dazu, Kinder zwischen sechs und 14 Jahren im Sinne der sozialistischen Ideologie zu erziehen. Die Organisation war eng mit dem Schulunterricht verzahnt. Der Großteil der Schüler:innen war Mitglied. Nichtmitglieder wurden vielfach benachteiligt.
Der Thälmann-Mythos durchzog die gesamte ostdeutsche Gesellschaft auch durch Filme, Literatur, Lieder, Darstellungen der bildenden Kunst, Fotografien sowie jährliche Gedenkfeiern zu seiner Geburt und seinem Tod. Straßen mit seinem Namen prägten den öffentlichen Raum.
Mit der Benennung des Wohngebiets rund um das Denkmal in Ernst-Thälmann-Park wurde Thälmann zudem zum geistigen Vater des Wohnungsbauprogramms der DDR ausgerufen.